Jüngster Bericht zu Honigfälschungen bringt Imker:innen unter Beweispflicht
Dienstag, 18. April 2023 12:37:03 Europe/Berlin
Mit Stotz berufen sich heimische Imker auf die hohen Qualitätsstandards des „Echten Deutschen Honigs“ made in Germany oder analog eines europäischen Nachbarlandes. Dabei droht zunehmend die Gefahr durch die Einschleusung von gefälschtem Honig. Honig steht auf der Liste gefälschter Nahrungsmittel ganz oben. Jetzt schlagen auch die Österreichischen Imker:innen und deren Landwirtschaftskammer Alarm, weil immer mehr gefälschter Honig in unseren Einkaufswägen landet. Im Auftrag der Europäischen Kommission führt das Labor der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) Analysen von Lebensmitteln durch. Das erschreckende Ergebnis: Von 320 gezogenen Honigproben war fast die Hälfte (46%) „verdächtig, nicht den EU-Honig-Richtlinien zu entsprechen“, also gepanscht zu sein. Reinhard Hetzenauer, Obmann des Dachverbandes der Erwerbs- und Freizeitimker in Österreich ärgert sich, wenn im Supermarktregal Fake-Honig neben heimischer Qualitätsware steht. „Solche Fälschungen sind illegal. Aber wer nur auf den Preis und nicht auf die Herkunft achtet, hat schnell gefälschte Ware in der Einkaufstasche.“ Einige Länder sind offensichtlich internationale Drehscheiben für Honigfälschungen (siehe GRAFIK).
Keine einzige der zehn analysierten britischen Honigproben stammt aus einem Bienenstock; 93% der türkischen und 74% der chinesischen Proben zeigen in der Analyse verdächtige Abstammung. Da sehr viel Honig aus China importiert wird, fanden 89 Proben ins GFS-Labor. Nur 23 waren scheinbar „sauber“, wenngleich die Fälscher – vergleichbar mit Dopingsündern – den Verfolgern oft einen Schritt voraus sind. Sie setzen beispielsweise industriellem Reissirup Blütenpollen aus verschiedenen Herkunftsländern bei, um bei Kontrollen glaubwürdig zu wirken.
Die chinesische Internetplattform Alibaba bewirbt „Fructose Syrup for Honey“ für 550 US$/ Tonne mit der Ergänzung, dass dieser die einschlägigen Laboruntersuchungen problemlos besteht. Dieser Sirup, aus Mais, Reis oder Zuckerrohrmelasse hergestellt, weist zum Teil einen hohen Arsengehalt auf und führt aufgrund seines sehr hohen Fructoseanteils zu Störungen des Fettstoffwechsels und Anstieg von Entzündungsparameter im menschlichen Körper. Bei einer früheren Untersuchung der Authentizität von Lebensmitteln des Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wurden 600 Honige in Ihrer Beschaffenheit untersucht. Hier konnten zwar keine Fälschungen überführt werden, jedoch wurden in zwei Fällen der in der Honigverordnung festgelegte Höchstgehalt von 40 mg/kg an Hydroxymethylfurfural (HMF) überschritten. Hierbei handelt es sich um einen Parameter, der sich durch zu lange Lagerung oder Zufuhr von Wärme erhöht und damit die Qualität des Honigs beeinträchtigt.
Fachleute fordern EU-weit einheitliche Kontrollverfahren und genaue Herkunftsbezeichnungen für Honig
Basis für erfolgreichen Konsumentenschutz seien laut Stanislav Jaš, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Honig der Standesvertretung in Brüssel fordert im Interesse aller Imker und aller Konsumenten EU-weit vereinheitlichte moderne Analyse- und Kontrollverfahren. Denn die EU-Kommission bestätigt in ihrem aktuellen Bericht „die Annahme, dass ein erheblicher Teil des aus Nicht-EU-Ländern eingeführten Honigs im Verdacht steht, die EU-Honigrichtlinie nicht zu erfüllen und unentdeckt zu bleiben“. Das gemeinsame Ziel für den ganzen EU-Raum ist es, eine Rückverfolgbarkeit vom Bienenstock bis ins Glas über das Honigetikett zu gewährleisten. Es darf nicht sein, dass jene auf ihren Produkten sitzen bleiben, die sich an die Bestimmungen halten und Qualitätshonig erzeugen.
Weitere Gefahren für Qualitätsmängel des Honigs
Jedoch können auch beim Honig aus der eignen Imkerei Qualitätsmängel auftreten, die nur eine gewissenhafte und systematische Kontrolle verhindern kann. So tritt beispielsweise ein hoher Wassergehalt von Honig tritt vor allem auf, wenn der Honig unreif geerntet wird. Insbesondere nach Massentrachten, d.h. nach Verfügbarkeit von ergiebigen Nahrungsquellen für Bienen, und bei feuchter Witterung können zu hohe Wasseranteile festgestellt werden. Nach der Honigverordnung ist nur ein maximaler Wassergehalt von 20 % zulässig. Über 18 % Wassergehalt steigt die Gefahr, dass der Honig bei weiterer Lagerung in Gärung übergeht. Es wird deshalb empfohlen, nur Honige, bei denen dieser Wert unterschritten ist, zu ernten.
Grund für Beanstandung von Honig können auch die Belastung durch natürliche oder synthetische Pflanzenschutzmittel sein. So sollte bei der Honigernte auch der Standort der Bienenstände und auffällige Trachtquellen dokumentiert werden. Bei Untersuchung des Bayerischen Landesamtes wurde der Honig auch auf Rückstände des häufig eingesetzten Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat untersucht. Gesetzlich erlaubt ist ein Höchstgehalt von 0,05 mg/kg Glyphosat – jedoch wird dieser Grenzwert meist nicht erreicht.
Oft führen Honiguntersuchungen nur zu Beanstandungen der korrekten Deklaration des Honigs. Mit Hilfe der Pollenanalyse von Honig werden im Sediment die verschiedenen Pollentypen identifiziert. Durch Auszählung der vorherrschenden Pollenarten kann die Haupttrachtquelle festgestellt werden. Die Pollenanalyse gibt auch Hinweise auf die geographische Herkunft der Honige. Eine Angabe eines Sortenhonigs ist nur gestattet, wenn der Honig „vollständig oder überwiegend aus den genannten Blüten oder Pflanzen entstammt und die entsprechenden organoleptischen, physikalisch chemischen und mikroskopischen Merkmale“ ausweist. Gesetzlich ist ein Mindestgehalt an Fruktose und Glukose von 60 g/100 g für Blütenhonige und 45 g/100 g für Honigtauhonige oder Mischungen mit Blütenhonig festgelegt. Der Saccharosegehalt darf im Allgemeinen höchstens 5 g/100 g betragen.
Das Führen eines Honigbuches erfült Nachweispflichten der Imker:innen
Um die korrekte Deklaration des Honigs zu unterstützen und im Bedarfsfall einen Nachweis zu erbringen, ist es geboten alle Herstellungsschritte, wie Ernte, Schleudern, Rühren, Lager und Abfüllung des Honigs zu dokumentieren. Dies wird auch für Kleinbetriebe dringend empfohlen. Dieser Aufgabe kann man mit überschaubarem Aufwand durch das Führen eines Honigbuches nachkommen.
EU-Hygienevorschriften bei der Abfüllung und Verpackung von Lebensmitteln
Die Europäische Union hat strenge Hygienevorschriften für die Abfüllung und Verpackung von Lebensmitteln eingeführt, um sicherzustellen, dass Verbraucher sich auf sichere und hygienisch einwandfreie Lebensmittel verlassen können. Die Vorschriften erstrecken sich auf alle Aspekte der Lebensmittelherstellung, einschließlich der Hygienepraktiken, der Verarbeitung, der Lagerung und des Transports von Lebensmitteln. Diese Regelungen gelten genauso für Imker, die Honig, Met oder Honigmischung abfüllen und verkaufen. Zu den wichtigsten Hygienevorschriften gehört die Notwendigkeit, ein geeignetes Hygienemanagementsystem zu haben. Hersteller müssen alle relevanten Risiken identifizieren und Maßnahmen ergreifen, um diese Risiken zu minimieren oder zu eliminieren. Dies kann die Implementierung von HACCP-Plänen (Hazard Analysis and Critical Control Points) beinhalten, die speziell auf die Identifizierung und Kontrolle von potenziellen Gefahren im Gewinnungs- und Herstellungsprozess abzielen. Darüber hinaus müssen Hersteller sicherstellen, dass alle Geräte, wie Schleuder, Abfüllhilfen und Behälter, die in Kontakt mit dem Honig kommen, regelmäßig und gründlich gereinigt werden. Imker müssen außerdem sicherstellen, dass alle Mitarbeiter oder Helfer, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, über ausreichende Kenntnisse in Bezug auf Hygienepraktiken und -verfahren verfügen. Dazu gehört auch die Verpflichtung, Einweisungen und Schulungen durchzuführen und zu dokumentieren.
Insgesamt tragen die Hygienevorschriften der EU dazu bei, sicherzustellen, dass Lebensmittel in Europa sicher und hygienisch hergestellt und verpackt werden. Verbraucher können sich darauf verlassen, dass sie sichere und einwandfreie Lebensmittel erhalten, die den höchsten Standards entsprechen. Ein Honigbuch unterstützt - wie ein kleines Qualitätsmanagementsystem - mit vielen Checklisten die Hygieneregeln zu beachten und diese Arbeiten zu dokumentieren. So werden die wichtigsten Daten, wie Chargen, Sorten, Wassergehalt, aber auch die vielen Maßnahmen zur Einhaltung von Sauberkeit und Ordnung festgehalten. Das garantiert dauerhaft die Reinheit des Honigs und eine Rückverfolgbarkeit, zur Sicherheit für jeden Kunden und für den Imker selbst. Denn zusammen mit einer Rückstellprobe kann man jetzt jederzeit für die Qualität seines Honigs bürgen.
Das „Honigbuch zur Dokumentation einer guten Hygienepraxis und zum Nachweis betrieblicher Eigenkontrollen in der Imkerei“ der Münchner Topp-Druckwerkstatt eignet sich hierfür sehr gut. Auf 24 Seiten (wahlweise im DIN A4 oder DIN A5 Format) stehen viele Checklisten und sämtliche Eintragungsmöglichkeiten zur Verfügung.